Historischer Roman,  POC,  Rezension,  Summer Reading Challenge 2018

Anna Jean Mayhew – The Dry Grass of August

The Colors of Summer: Read a book that features a yellow, green, or sandy cover.

Die dreizehnjährige Jubie Watts lebt im Jahre 1954 mit ihren Eltern und drei Geschwistern in einem Einfamilienhaus in Charlotte, North Carolina. Zu ihren wichtigsten Bezugspersonen gehört Mary, die schwarze Hausangestellte der Familie. In den Sommerferien machen sich die Mutter, die vier Kinder und Mary auf den Weg nach Florida, um Verwandte zu besuchen. Obwohl die Situation für Schwarze insbesondere in den Südstaaten der USA zu dem Zeitpunkt alles andere als entspannt ist, scheint es überhaupt keine Frage zu sein, dass Mary die Familie begleiten muss, um der Mutter mit den Kindern unter die Arme zu greifen.

Unterwegs sowie am Urlaubsort fallen Jubie immer wieder Hinweise auf den zunehmenden Rassismus auf: Schilder, auf denen die nächtliche Ausgangssperre für Schwarze bekannt gegeben wird, Hostels, in denen Schwarze nicht übernachten oder in denen sie nicht das Badezimmer benutzen dürfen oder die Tatsache, dass Mary nicht im Meer schwimmen darf, weil der Strand nur für Weiße ist. Jubie hat wenig Verständnis für diese Gesetze und fühlt sich sehr unwohl, wenn jemand das N-Wort verwendet. Gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Stell und Mary unternimmt sie immer wieder Versuche, die Grenzen zwischen Schwarzen und Weißen zu durchbrechen, was bei den rassistischen Südstaatlern auf wenig Begeisterung stößt. Auf dem Weg von Florida an einen anderen Urlaubsort eskaliert die Situation schließlich und endet in einer Tragödie.

Bedauerlich ist, dass das Buch nicht mit der Bewältigung dieser Tragödie endet. Stattdessen entwickelt die Autorin in den letzten Kapiteln einen komplett neuen Handlungsstrang, der mit Rassismus nichts oder allenfalls peripher etwas zu tun hat und somit vom eigentlichen Thema des Buches ablenkt. Auch wird mit keinem Satz über die Schuldfrage nachgedacht. Hatte die Familie das Recht, Mary auf eine für sie gefährliche Reise mitzunehmen? War es verantwortungsvoll, spät abends eine Abkürzung durch ein weißes Wohngebiet zu nehmen? Es gab viele auslösende Momente für die Tragödie, die alle in den Händen der Familie Watts lagen. Doch darüber verliert niemand ein Wort. Vielleicht war die Autorin der Meinung, dass die Schuldfrage so offensichtlich ist, dass sie nicht angesprochen werden muss. Vielleicht hatte sie auch Angst vor ihrer eigenen Courage.

„The Dry Grass of August” von Anna Jean Mayhew ist leider nicht in deutscher Sprache erschienen. Mit Ausnahme einiger recht spezifischer Begriffe, die wohl für die Südstaaten der 1950er typisch sind, ist er jedoch in gut verständlichem Englisch geschrieben. Alternativ sind eine italienische sowie eine französische Übersetzung erhältlich.

Obwohl das Ende des Romans aus den genannten Gründen etwas enttäuschend war, ist das Buch bis zum Schluss spannend. Der zusätzliche Handlungsstrang war zwar nicht unbedingt nötig, wurde jedoch gut und nachvollziehbar geschrieben, sodass er nicht allzu sauer aufstößt.

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