5/5,  Fantasy,  Favoriten,  LGBT,  Rezension,  Young Adult

Leigh Bardugo – Das Gold der Krähen

„Was glaubt ihr, wo das Geld hin ist?“, fragte er erneut.
„Waffen?“, fragte Jesper.
„Schiffe?“, fraget Inej.
„Bomben?“, schlug Wylan vor.
„Schmiergeld für die Regierung?“, meinte Nina. Sie blickten Matthias an.
„An der Stelle sagst du uns für gewöhnlich, wie übel wir sind.“, flüsterte sie.
Er zuckte mit den Schultern. „Das scheinen mir alles sinnvolle Möglichkeiten zu sein.“

Kaz, Inej, Jesper, Wylan, Nina und Matthias haben das scheinbar Unmögliche geschafft und ihren Auftrag erfüllt. Nachdem sie jedoch bei ihrer Heimkehr verraten und betrogen wurden, sinnen die sechs „Krähen“ auf Rache. Sie wurden nicht nur hintergangen, sondern auch um einander beraubt.

„Das Gold der Krähen“, im englischen Original „Crooked Kingdom“, ist der zweite Teil der Krähen-Dilogie von Leigh Bardugo. Die deutsche Übersetzung erschien erstmals im September 2018 im Knaur Verlag.

Wie bereits beim ersten Band war scheinbar auch bei diesem Folgeband dem Knaur Verlag die optische Erscheinung ein besonderes Anliegen. Der Buchschnitt wurde diesmal orangefarben gehalten und die Buchstaben des Titels sind in den Buchumschlag eingeprägt.

Beinahe nahtlos setzt die Handlung ohne Rückblicke an das Ende des ersten Bandes an. Die sechs gewissenlosen, sarkastischen und starken Antihelden Kaz, Inej, Jesper, Wylan, Nina und Matthias sind als Gruppe gewachsen. Ränke werden geschmiedet und die gesamte Geschichte ist ein scheinbar kompliziertes Puzzle, das sich auf raffinierte Weise zu einem großen detailreichen Bild zusammenfügt. Wieder schafft es Bardugo mit raffinierten und perfekt durchdachten Wendungen und actionreichen Szenen, die Spannung vom Anfang bis zum Ende aufrecht zu erhalten und den Roman zu einem Pageturner zu machen.

Im Gegensatz zum ersten Band wird das Setting nur kurz gewechselt. Bildhaft beschreibt Bardugo das Geschehen in Ketterdam und als Leser lernt man so viele neue Ecken der Stadt kennen, sodass man das Gefühl erhält, als würde man selbst durch die reichen und armen Viertel, die engen Gassen und belebten Straßen oder auch über die Dächer der Stadt spazieren.

Bardugo verwebt die Geschichten ihrer authentischen Charaktere sehr gekonnt mit der Handlung. Als Leser ist man nicht nur von der Haupthandlung, sondern auch von den Rückblicken auf die Leben der sechs „Krähen“ gefesselt. Es ist – wie bereits im ersten Band – die perfekte Mischung aus Handlung und Rückblende, die eine ganz besondere Verbindung zwischen Leser und Charakteren herstellt. Neben erschütternden und brutalen Ereignissen gibt es auch viele ruhige Momente, die ans Herz gehen.

War es beim ersten Band noch eher ein Vorteil, wenn man die Grischa-Trilogie zuvor gelesen hat, so ist es beim zweiten Band eher ein Muss. Charaktere und Ereignisse aus der Grischa-Trilogie werden nicht nur erwähnt, sondern auch in die Handlung miteinbezogen.

Bei Romanreihen besteht immer die Befürchtung, dass der Folgeband dem Vorgänger nicht gerecht werden und enttäuschen könnte. Leigh Bardugo hat es mit ihrer Krähen-Dilogie jedoch geschafft, dass kein Band dem anderen in etwas nachsteht. Mit „Das Gold der Krähen“ hat sie eine spannende und inhaltlich abwechslungsreiche Fortsetzung geschaffen. Trotz der fantastischen Elemente wirkt die Geschichte stets authentisch. Die von ihr hergestellte enge Bindung zwischen Leser und Charakteren macht das – zwar in sich abgeschlossene, aber auch etwas offene – Ende fast unerträglich.

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