Historischer Roman,  Rezension,  Summer Reading Challenge 2018

Alexander Pechmann – Sieben Lichter

Ocean Blue: Read a book that takes place on the water.

Im Juni 1828 wird ein Schiff in eine irische Hafenstadt geschleppt. An Bord befinden sich 7 grausam Ermordete und 6 Überlebende, darunter 4 Kinder. Der Kapitän des Schiffes ist auf der Flucht.

Der Ich-Erzähler Fitzgerald, ein Magistrat, und sein frischgebackener Schwager Scoresby, ein Reverend und ehemaliger Kapitän, mischen sich in einem Fall von Amtsanmaßung in die Ermittlungen ein und befragen die Überlebenden, noch bevor die kriminaltechnische Untersuchung begonnen hat. Die Zeugenaussagen werden von Fitzgerald protokolliert und im Buch nacheinander wiedergegeben, unterbrochen von einigen Gesprächen zwischen den beiden Männern. Scoresby ist seinem Schwager nicht sonderlich sympathisch. Stellenweise wirkt es, als sei Fitzgerald auf dessen Erlebnisse als Seefahrer neidisch und von den abenteuerlichen Geschichten genervt, die er ständig erzählt. Gerne diskutieren die beiden über die Zeugenaussagen unter ihren verschiedenen Sichtweisen des religiös motivierten und des rationalen Denkens und Handelns, wobei Fitzgerald immer wieder versucht, Scoresby durch religionskritische Aussagen zu provozieren.

Der Erzählstil in Alexander Pechmanns Roman ist sehr nüchtern gehalten. Durch die Aneinanderreihung der Zeugenaussagen und die fehlenden spezifischen Merkmale der Sprechweise, anhand derer man die einzelnen Charaktere gut unterscheiden könnte, verliert man gelegentlich den Überblick darüber, wer gerade spricht und wer zuvor was ausgesagt hat. Hier wäre etwas mehr „Kolorit“ schöner und hilfreich gewesen. Dennoch handelt es sich um einen spannenden Fall, dessen Hergang trotz der Gerichtsverhandlung gegen Ende des Buches nicht hundertprozentig geklärt ist. Um diesen für Fitzgerald etwas enttäuschenden Ausgang abzumildern, erklärt Scoresby ihm: „Ich glaube, dass jeder von uns im Grunde seines Herzens weiß, was richtig und falsch ist, und dass jeder, der gegen dieses Wissen und Gewissen handelt, sich früher oder später selbst bestraft. Darin liegt die Gerechtigkeit, die uns gegeben wurde.“

Besonders interessant an der Geschichte ist, dass dieser siebenfache Mord auf einer wahren Begebenheit beruht. Laut Quellennachweisen basieren die Zeugenaussagen und die Schilderung der Gerichtsverhandlung auf Augenzeugenberichten, die der echte Scoresby in seinem 1850 veröffentlichten Buch festgehalten hat.

Der mit 161 Seiten recht dünne Roman begeistert durch ein außerordentlich schönes Cover aus bedrucktem Leinen ohne Schutzumschlag, das alleine schon einen Kauf rechtfertigt. Das Motiv passt sehr gut zur Geschichte und greift die 7 Lichter aus dem Titel auf, deren Bedeutung erst am Ende des Buches erklärt wird.

Wer sich für historische Kriminalfälle interessiert und sich nicht durch gelegentliche Diskurse über Glaube, Moral und Gerechtigkeit abschrecken lässt, ist mit diesem Buch sicherlich gut bedient, zumal es am Ende einige Empfehlungen für weiterführende Literatur gibt.

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