5/5,  Favoriten,  Rezension,  Summer Reading Challenge 2018

Katja Brandis und Hans-Peter Ziemek – Ruf der Tiefe

Into the Great Wide Open: Read a book that takes place out in the great wide open.

Leon ist 16, doch sein Leben gleicht kaum dem seiner Altersgenossen. Denn er lebt und arbeitet in der Tiefsee als Taucher, um Manganvorkommen für den Konzern ARAC zu finden, da die Ressourcen der Erde knapp sind. Dabei wird er unterstützt von einem intelligenten Krakenweibchen namens Lucy, mit der er sich telepathisch verständigen kann. Doch seine Welt gerät ins Wanken, als er eines Tages einen beinahe tödlichen Tauchunfall hat, Carima, ein Mädchen von der Oberfläche zu Besuch kommt und das Meer aus irgendeinem Grund beginnt, verrückt zu spielen. Daraufhin macht Leon eine Entdeckung und beginnt, nach Antworten zu suchen. Er findet in Carima bald mehr als nur eine Verbündete.

Der Roman „Ruf der Tiefe” von 2011 behandelt einfühlsam und mitreißend die Geschichte eines Teenagers, dessen Weltsicht auf den Kopf gestellt wird und der mitten in diesem Chaos seine erste große Liebe findet. Doch in dem Buch geht es nicht nur ums Erwachsenwerden, sondern auch um den Umgang von Großkonzernen mit der Natur, darum, wie mit Widerstand und Ethik umgegangen wird. Dabei wirkt die Geschichte aber weder anprangernd noch bekehrend. Sie will vielmehr die Sicht des Lesers schärfen und stimmt letzten Endes nachdenklich.

Die Geschichte wird abwechselnd mit Fokus auf Leon und Carima erzählt und ermöglicht so eine allmähliche Charakterentwicklung. Dies sorgt dafür, dass der Leser sich mit beiden Hauptfiguren sehr gut identifizieren kann. Und obwohl beide Teenager sind, fällt es auch einem erwachsenen Leser nicht schwer, sich in ihre Welt einzufühlen, denn die Motive sind universell: Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht, Mut, Liebe. Das alles ist verflochten mit einem spannenden Thriller um die Machenschaften der Erwachsenen. So handelt es sich hierbei um einen gelungenen Genrehybrid zwischen einem Young-Adult-Roman und einem Biologiethriller, in dem auch ein Hauch Dystopie mitschwingt.

Die beiden Autoren, Hans-Peter Ziemek, ein Biologieprofessor, und Katja Brandis, eine passionierte Taucherin, haben für dieses Buch hervorragende Hintergrundrecherche betrieben. Jedes noch so kleine Detail ist wohl durchdacht. Dabei gibt es sogar für eventuelle Verständnisschwierigkeiten ein Glossar, in dem potenziell unbekannte Begriffe länger als in der Geschichte selbst erklärt werden. Auch das Glossar ist zielgruppengerecht formuliert. Es existiert zudem ein Nachwort, in dem die Autoren Stellung dazu nehmen, was Realität und was Fiktion ist.

Schlussendlich ist dies ein mitreißender, emotionaler Roman, der zum Nachdenken anregt und ganz sicher nicht umsonst mit dem Jugendbuchpreis “Goldene Leslie” ausgezeichnet worden ist. Eine absolute Leseempfehlung auch für Erwachsene.

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