4/5,  Graphic Novel,  izneo,  Rezension

Nils Oskamp – Drei Steine

„Jeder junge Mensch hat seinen eigenen freien Willen und kann selbst entscheiden, in welche Richtung er oder sie im Leben geht.”

Nils wächst in den achtziger Jahren in Dortmund-Dorstfeld auf. Sein Umfeld ist dabei alles andere als charmant. In der äußerst konservativen Schule wird von den Lehrkräften verstaubtes Gedankengut vermittelt und als Nils die rechtsextremen Ansichten seiner Mitschüler nicht teilen möchte, gerät er in deren Visier. Gewaltandrohungen und deren Umsetzungen gehören ab diesem Zeitpunkt zu seinem Alltag. Weder Nils’ Familie noch die Polizei sind eine Hilfe im Kampf gegen die Neonazis. Lediglich Thomas, ein Klassenkamerad seines älteren Bruders Jonas, steht ihm bei und Nils setzt sich auf seine eigene Art gegen die rechtsextreme Szene zur Wehr.  

Die Graphic Novel “Drei Steine” von Nils Oskamp erschien 2016 im Panini Verlag, nachdem bereits eine gekürzte Schulbuch-Version vorlag. In der erweiterten Version erwarten den Leser neben der eigentlichen Graphic Novel noch ein Einblick in Nils Oskamps’ Reise nach Yad Vashem in Israel sowie ein Artikel von Alice Lanzke über die Geschichte der Dortmunder Neonazi-Szene.

Ich durfte diese Graphic Novel für euch auf izneo lesen. Normalerweise greife ich stets zur Printversion, habe mich aber durch die Funktionen in der neuen App für die Nintendo Switch komplett überzeugen lassen. Der izneo-Player funktioniert dabei einwandfrei und beschert durch die angenehme Zoomfunktion – die klassische Vollansicht einer Doppelseite ist natürlich auch möglich – nicht nur direkt auf der Konsole, sondern auch auf dem Fernseher eine angenehme und individuell anpassbare Leseerfahrung.

Ich habe mir diesen Titel ausgesucht, da mich das schonungsloses Cover sofort angesprochen hatte. Nils Oskamp berichtet in “Drei Steine” autobiografisch von der Situation im Stadtteil Dortmund-Dorstfeld der achtziger Jahre. Es ist ein Ausschnitt aus seinem Leben, genauer gesagt seiner Schulzeit. Er beschreibt das Umfeld von den konservativ angehauchten Lehrkräften bis hin zu den Altnazis, die ganz offen die nächste Generation anwerben. Dabei wird auch das rechtsextreme Gedankengut angeschnitten, besonders die Leugnung des Holocausts. Nils setzt sich auch selbst mit diesen Gedanken auseinander. Eines Tages entdeckt er auf dem Heimweg einen verwüsteten jüdischen Friedhof und Steine, die auf den Grabsteinen abgelegt wurden – eine alte jüdische Tradition. Drei auf dem Boden liegende Steine steckt er ein und eben diesen soll noch eine wichtige Bedeutung im Verlauf der weiteren Geschichte zukommen: Sie werden sowohl zur Waffe, als auch zu Symbolen für die Seele und das Gedenken.

“Es gibt keine Gräber nach 1938. (…) Wenn es hier seit 45 jahren kein jüdisches Leben mehr gibt, wie kann man dann behaupten, dass es den Holocaust nie gegeben hat?”

Nils Oskamps’ Geschichte ist gnadenlos realistisch beschrieben, sowohl in der Erzählweise als auch im Zeichenstil. Die Figuren und ihre Positionen stehen dabei stets im Vordergrund. Auch beschreibt er die Machtlosigkeit eines jungen Menschen sowie die Zuspitzung der Situation bis hin zur Eskalation. Leider bleiben dabei viele Aspekte der Geschichte schwarz/weiß. Es gibt klare Bösewichte und klare Helden, aber ein Dazwischen gibt es nicht. Es wäre noch wünschenswert, etwas über den Hintergrund der Charaktere und deren Positionierung zu erfahren, um der Geschichte etwas mehr Tiefe zu geben – auch wenn im Artikel von Alice Lanzke etwas zur rechtsextremen Szene berichtet wird. Dessen ungeachtet schafft es Oskamp neben der Gewalt und der Machtlosigkeit auch eine Geschichte von Hoffnung und Umbruch zu erzählen.

“Drei Steine” ist ein wichtiges Stück Zeitgeschichte, das die Notwendigkeit von Solidarität für Opfer rechtsextremer Gewalt und vor allem auch Zivilcourage im Alltag aufzeigt. Nils Oskamps Geschichte legt dabei den Finger in die Wunde und vermittelt eine wichtige Botschaft: Wegsehen ist keine Alternative.

Drei Steine” findet ihr im breitgefächerten Katalog von izneo. Dort – und auch hier im Beitrag – steht euch eine kostenlose Leseprobe zur Verfügung. So könnt ihr in den Titel sowie in die Handhabung des Webplayers hineinschnuppern. 😉 Schaut doch mal bei izneo vorbei, es ist für jeden Geschmack etwas dabei! 🙂

[Werbung]

Diesen Beitrag könnt ihr euch auch bei Instagram ansehen.