Sarah Gailey – Upright Women Wanted
„Queer librarian spies“ – diese drei Worte aus der Inhaltsbeschreibung waren es, die mich voller Ungeduld rund 10 Monate auf das Erscheinen von „Upright Women Wanted“ von Sarah Gailey warten ließen. Es klang einfach perfekt. Und genau dies ließ mich befürchten, dass der Roman an meinen hohen Erwartungen scheitern würde. Zum Glück hat sich diese Angst nicht bestätigt. Ganz so perfekt, wie ich es mir ausgemalt hatte, ist das mit 176 Seiten recht dünne Buch allerdings auch nicht.
In einer fernen Zukunft haben sich die USA zu einem totalitären Staat verwandelt. Das Land ist in vier Sektoren sowie einen Handelskorridor von der Ost- zur Westküste unterteilt. Jedem Sektor ist ein bestimmter Wirtschaftszweig zugeordnet. Motorisierte Fahrzeuge sind dem Militär vorbehalten, wie so viele Dinge, die heute selbstverständlich sind. Filme und Bücher müssen von der Regierung genehmigt werden. Wer mit nicht genehmigter Literatur (der Widerständler) erwischt wird, hängt. Dieses Schicksal widerfährt der besten Freundin und heimlichen Geliebten der Protagonistin Esther. Als Esther daraufhin verheiratet werden soll, flieht sie als blinde Passagierin in der Pferdekutsche der Bibliothekarinnen, deren Aufgabe es ist, genehmigte Literatur unters Volk zu bringen.
Natürlich wird Esther schnell erwischt, darf jedoch bleiben, als die Bibliothekarinnen ihre Geschichte hören. Denn diese sind keineswegs so staatstreu wie erwartet. Durch Bet und Leda sowie deren nicht-binäre_n Auszubildende_n Cye erfährt Esther, dass es viele – so wie sie queere – Frauen gibt und dass es ihnen sogar möglich ist, eine glückliche Beziehung zu führen. Und so fasst Esther neuen Mut und fühlt sich – drei Tage nach dem Tod ihrer Freundin – direkt zu Cye hingezogen. Doch ganz so schnell gibt es dann doch kein Happy End, denn unterwegs wird die Truppe noch mit einer gesuchten Attentäterin und mehreren schießwütigen Sheriffs konfrontiert.
Die Idee der Geschichte ist fantastisch und im Prinzip auch gut umgesetzt. Die geschaffene Atmosphäre, die viel von einem Western hat, ist spannend. Die Vorstellung, dass wir uns von unserer digitalen Gegenwart wieder in eine solche Richtung entwickeln könnten, ist kaum vorstellbar, aufgrund knapper werdender Ressourcen dennoch denkbar. 50 bis 100 Seiten mehr hätten dem Roman jedoch gut getan, denn die Charakterentwicklung geschieht so rasant, dass sie nicht nachvollziehbar ist. Auch der „spies“-Teil, bei dem es sich genau genommen nicht um Spione, sondern um Rebellen handelt, ist leider viel zu kurz gekommen. Die übereilte Charakterentwicklung lässt sich nun nicht mehr ändern, doch es bleibt zu hoffen, dass „Upright Women Wanted“ nur der Auftakt zu einem wesentlich längeren Roman ist, in dem die Aktivitäten der Widerständler ausführlich beleuchtet werden.
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