5/5,  Favoriten,  Gegenwartsliteratur,  POC,  Rezension,  Summer Reading Challenge 2019,  Young Adult

Angie Thomas – The Hate U Give

Good as Gold: Read a book that won a Goodreads Choice Award.

Rassistisch motivierte Polizeigewalt gegen Afroamerikaner ist schon sehr lange ein Thema in den USA. Doch in den letzten 10 Jahren hat die Debatte darüber, wohl insbesondere dank der Sozialen Medien – #blacklivesmatter und #saytheirnames – an Fahrt aufgenommen und international Beachtung gefunden.

Genau um dieses Thema geht es in dem 2017 erschienenen und ein Jahr später verfilmten Roman The Hate U Give von Angie Thomas. Der Titel bezieht sich dabei auf das Tattoo „Thug Life” des Rappers Tupac Shakur, das dieser als Akronym für „The hate u give little infants fucks everybody“ etabliert hat.

Die 15-jährige Starr wird Zeugin, wie ihr bester Freund Khalil auf dem Heimweg von einer Party von einem Polizisten erschossen wird. Dieses Erlebnis ist nicht nur für Starr höchst traumatisierend, sondern sorgt in ihrem Stadtteil für Proteste enormen Ausmaßes. Denn sowohl die Polizei, als auch die Medien behaupten, Khalil sei Drogendealer, Gangmitglied und bewaffnet gewesen – der Polizist habe also richtig gehandelt und früher oder später wäre Khalil ohnehin gestorben. Solche haarsträubenden Aussagen muss sich Starr auch von vielen ihrer überwiegend weißen Mitschüler und Freunde anhören, die nicht wissen, dass Starr Zeugin des Mordes war oder Khalil auch nur kannte. Dabei ist sie stets hin- und hergerissen, denn einerseits will sie an ihrer Schule nicht als „angry black girl“ auffallen, andererseits will sie Khalil gegenüber loyal sein und seine Ehre verteidigen.

The Hate U Give führt auf verstörende Weise vor Augen, wie viele Gedanken sich Afro-Amerikaner und vermutlich auch Afro-Deutsche über scheinbar banale Alltagssituationen machen müssen: Eltern trichtern ihren Kindern schon früh ein, wie sie sich bei einer Polizeikontrolle zu verhalten haben, damit sie nicht erschossen werden (Hände immer sichtbar, keine hektischen Bewegungen), im Kontakt mit weißen Mitmenschen ist eine veränderte Sprechweise notwendig, um den „Ghetto-Stempel“ und damit Diskriminierung zu vermeiden und rassistische Äußerungen von Freunden werden ignoriert, wenn man die Freundschaft nicht verlieren will, weil die guten Momente überwiegen.

So tragisch Starrs Geschichte ist, so spannend ist sie auch. Als Leser fragt man sich, wann ihre zwei Welten – die ihrer Familie und Nachbarschaft und die ihrer Schule und Freunde – aufeinanderprallen und welche Folgen dies mit sich bringen wird. Und natürlich möchte man wissen, ob Starrs Zeugenaussage für eine Verurteilung des Polizisten sorgt oder ob er, wie so oft, ungeschoren davon kommt. Lichtblick in dieser düsteren Geschichte sind die Charaktere, insbesondere Starr, ihre Eltern und Geschwister, die immer füreinander da sind und ein durchweg liebevolles Verhältnis untereinander haben.

The Hate U Give ist ein tragischer, aber unterhaltsamer Roman mit durchaus lustigen Momenten, der seinen Lesern viel über Rassismus und seine Konsequenzen beibringt, ohne dabei belehrend zu wirken.

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